Ursache

Wie entsteht ein Glaukom/Glaukomschaden?

Ein erhöhter Augeninnendruck ist einer der wichtigsten Risikofaktor für die Entwicklung eines Glaukoms (siehe «Risikofaktoren»). Es gibt aber auch Glaukomarten, bei denen der Augeninnendruck nicht erhöht ist – diese Gruppe nennt man Normaldruckglaukome. Bei dieser Form vermutet man, dass die Durchblutung des Auges eine wichtige Rolle spielen kann.   

Wir werden nun auf die Ursachen von Glaukomschäden, wie der Augeninnendruck und die Durchblutung des Auges, zu sprechen kommen:

Ursache im Bezug auf einen erhöhten Augeninnendruck:

Es gibt unterschiedliche Gründe, welche zu einem erhöhten Augeninnendruck führen. Der weitaus häufigste Grund ist eine Beeinträchtigung des Kammerwasserabflusses.

Das Kammerwasser füllt die Vorderkammer. Seine Hauptfunktion ist die Ernährung der anliegenden Gewebe. Es wird vom Ziliarkörper – ein zirkuläres Gewebe, welches sich hinter der Regenbogenhaut befindet - produziert. Von dort fliesst es zwischen der Regenbogenhaut und dem Kristallkörper durch die Vorderkammer in den Kammerwinkel (welcher durch die Regenbogenhaut und die Hornhaut gebildet wird).

Vorderkammer

 

Im Kammerwinkel fliesst der grösste Anteil durch ein schwammartiges Netzwerk (Trabekelwerk) in den Schlemm’schen Kanal, von wo es über Verbindungen zu Blutgefässen aus dem Auge abtransportiert wird.

Aus noch nicht ganz geklärten Gründen fliesst bei der häufigsten Glaukomform, dem primären Offenwinkelglaukom, die Flüssigkeit zu langsam durch dieses schwammartige Netzwerk. Ob es nun an einer verminderten Aktivität der Zellen des Trabekelwerkes, an einer verminderten Anzahl dieser Zellen oder an einer Strukturveränderung im Kammerwinkel liegt, dass nicht mehr genügend Flüssigkeit aus dem Auge fliessen kann, ist zur Zeit unklar. Sicher ist jedoch, dass diese Abflussstörung zu einem erhöhten Druck im Augeninnern führt. Dieser wiederum führt zu einer Schädigung des Sehnervens. Bereits eingetretene Schäden am Sehnerv sind leider irreversibel oder irreparabel. Dies bedeutet, dass wir zur Zeit auch mit modernsten Mitteln nicht in der Lage sind, eine schon bestehende Schädigung des Sehnervs wieder herzustellen.

Sehnerv

Der Sehnerv ist ein Bündel von etwa 1 Million Nervenfasern, welche die Retina (lichtempfindliches Nervengewebe) mit dem Gehirn verbindet. Ab einer bestimmten Anzahl zerstörten Sehnervenfasern entstehen Gesichtsfeldausfälle (siehe «Diagnose»), sogenannte «Skotome».

 
Gesichtsfeldausfälle

Gesichtsfeldausfälle oder Skotome entstehen in der Glaukomerkrankung vorerst hauptsächlich in der Peripherie (äusseren Bezirken) des Gesichtsfeldes. Mit der Zeit nehmen sie an Grösse zu. Die Zone des zentralen Sehens (Gebiet des schärfsten Sehens) wird erst in der späteren Phase der Erkrankung beeinträchtigt. Dies kann mit dem Fortschreiten der Erkrankung zur endgültigen Erblindung des Auges führen.

 

Nun kommen wir auf die «Durchblutungsstörung» zu sprechen. Wir nennen sie in diesem Zusammenhang «vaskuläre Dysregulation», was soviel heisst wie «Gefässfehlregulationen».

Ursache im Bezug auf Durchblutungsstörungen:

Durchblutungsstörungen (vaskuläre Dysregulation / Gefässfehlregulation) scheinen eine mögliche Rolle bei der Entwicklung eines Glaukomschadens zu spielen, insbesondere beim Normaldruck-Glaukom (siehe «Glaukom-Formen»). Bevor wir über die Störungen in der Regulation der Durchblutung im Auge sprechen, werden wir zunächst die normalen Regelmechanismen der Durchblutung erläutern.

Die Durchblutung ist für jedes Organ unseres Körpers lebenswichtig. Das Blut transportiert wichtige Stoffe wie Sauerstoff, Zucker, Fette und Hormone in alle Gewebe, während Abfallprodukte aus den Geweben abtransportiert werden.

Damit das Blut durch den Körper und die einzelnen Organe gepumpt werden kann, braucht es einen „Motor“: Das Herz. Wie eine Pumpe presst das Herz das Blut in die grossen Blutgefässe und baut dadurch einen Druck, den man Blutdruck nennt, auf. Die Verteilung des Blutes auf die einzelnen Organe ist nicht immer konstant. Sie passt sich dem momentanen Bedarf des jeweiligen Organes an. (So steigt die Durchblutung im Gehirn zum Beispiel in den Zentren an, die gerade aktiv sind.) Des weiteren muss der Blutfluss unabhängig von der Körperposition konstant gehalten werden (beim Stehen muss verglichen zur Liegeposition mehr Druck aufgewendet werden, um das Blut in die höher liegenden Organe zu pumpen - die unter dem Herz liegenden Organe dürfen hingegen durch das Aufrechtstehen nicht plötzlich mehr Blut erhalten).

Blutgefässe sind keine starren Röhren. Sie besitzen Muskeln, welche sich in den Wänden der Gefässe befinden, die durch Anspannung bzw. Erschlaffung den Gefässdurchmesser verkleinern bzw. vergrössern können. So wird jeweils weniger oder mehr Blut durchgelassen. Zusätzlich kann die Herzfrequenz reguliert werden. Schlägt das Herz schneller, wird der Kreislauf allgemein angetrieben.

Die Regulation der Durchblutung der einzelnen Organe ist sehr komplex. Daher kann es vorkommen, dass dieser fehlerhaft ist, wie zum Beispiel beim sogenannten vasospastischen Syndrom (siehe «Risikofaktoren»). Hierbei kommt es bei Kälte oder Stress zu Durchblutungsstörungen, besonders in den kleinen Gefässen (meist an Händen und Füssen). Diese Patienten beklagen sch typischerweise über kalte Hände und Füsse. Beim «vasospastischen Syndrom» kann es folglich zeitweise zu einer Minderdurchblutungen von verschiedenen Organen beziehungsweise Organteilen kommen, welches zu lokalen Gewebeschaden führt. Dies könnte bei der Glaukomerkrankung beim Sehnervenkopf der Fall  sein.

 

Texte: Dr. med. P.W. Hasler und Prof. Dr. S. Orgül, in Zusammenarbeit mit: Dr. med. H. Vogten und Frau D. Haegeli
Abbildungen aus: «J. Flammer: Glaukom. 2. überarbeitete Auflage 2001. © Verlag Hans Huber Bern»

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